SCHRITTE DER BERGUNG

Im Notfall ist es wichtig, strukturiert und überlegt zu agieren und handlungsfähig zu bleiben. Ein entsprechendes Notfallkonzept ermöglicht der Einrichtung/dem Museum, schon vor Eintreten eines Notfalls entsprechende Handlungsempfehlungen und strukturierte Vorgehensweisen zu identifizieren und zu formulieren. Zu den Maßnahmen, die nach einem Katastrophenfall ergriffen werden sollten, gehören:

  • Vorbereitungen bei Katastrophen-Alarm/Vorwarnung
    • Personenschutz
    • Gebäudestrukturen sichern (Fenstern, Türen, Tore, Balkone, Freianlagen, Dächer)
    • Wasser, Gas, Strom abschalten
    • Wichtige Aufzeichnungen sichern (Inventarliste, Versicherungs-, Finanzdaten, Notfallplan)
    • Generell
      • priorisierte Objekte sichern und/oder bergen
      • Objekte aus den Außenbereichen ins Innere/gesicherte Bereiche bringen
      • Magazinbereiche (Regale) und Ausstellungen (Vitrinen) sichern
    • Flutgefahr
      • Untere Geschosse sichern
      • Objekte vor Fenstern und aus Kellerbereichen in sichere Bereiche bringen
    • Sturmwarnung
      • Obere Geschosse/Außenbereiche sichern
      • Objekte aus Bereichen unter dem Dach in sichere Bereiche bringen

  • Kommunikation im Katastrophenfall
    • Leitungsebene informieren (Direktion; Geschäftsführung) – Abgabe Situationsbericht
    • Lokales oder überregionales Notfallmanagement kontaktieren
    • Mitarbeiter der Alarmkette informieren
    • Feuerwehr kontaktieren – u.a. um Berechtigungen zur Bergung zu erhalten (öffentliche Sicherheit, öffentliche Gesundheit, Tragwerksplaner)
    • Hilfskräfte informieren
    • Kommune – zur Anforderdung weiterer Notdienste
    • Sicherheitsdienst und Versicherungsagenten
    • Regionale Kultureinrichtungen, um kontinuierlichen Bedarf an Dienstleistungen sicherzustellen
    • Pressekontakt à Zustandsbericht + Aufruf Freiwillige/Hilfskräfte

 

  • Erfassen der Situation
    • Vollständigkeit aller Mitarbeiter und Besucher prüfen
    • Notfallplan auslösen
    • Absprachen mit der Einsatzleitung der Feuerwehr, Notfallteam, Hausverwaltung vornehmen
    • Sicherung für Gebäude und Sammlungsgut aufrechterhalten (Alarm, Bewachung)
    • Statik des Gebäudes prüfen
    • Strom, Gas, Wasser abstellen

  • Dokumentation der Havarie
    • Objektzustand Vorort dokumentieren (nicht bewegen, ohne ihren Zustand zu erfassen)
    • Zustand der Objekte und des Gebäudes fotografieren/filmen + Notizen/Sprachaufnahmen
    • Bergungsprozess dokumentieren

  • Stabilisierung Gebäude
    • Akute Gefahrenquellen identifizieren und beheben + Schutt und Trümmer entfernen
    • Temperatur und relative Luftfeuchtigkeit regulieren (< 21°C und 45% rH)
    • Hohe Außentemperaturen und Luftfeuchtigkeiten :
      • Schließen der Fenster, Klimaanlage aktivieren, ggf. lüften, entfeuchten und kühlen
    • Kaltes, trockenes Wetter:
      • Einsatz von Ventilatoren, Befeuchtern
    • Stehendes Wasser entfernen
    • Feuchte Bodenbelege entfernen und Möbel bergen, ggf. Entfeuchter einsetzen

  • Start der Bergungsarbeiten
    • Team zusammenstellen – Aufgaben und Prioritäten abstimmen + Hilfspersonal kennzeichnen
    • Sicheren, trockenen Ort für Packaktionen und ggf. Luft-Trocknung benennen
    • Koordinationszentrum einrichten
    • Rettungs-/Arbeitsbereich einrichten (Notwendige Materialien siehe Materialliste [Link zur Materialliste])
    • Fachinstitute, Experten zur Unterstützung kontaktieren (Kühltransporte, Gefriertrocknung etc. [Link zu Telefonliste])
    • Finanziellen Rahmen bestätigen (Versicherung, politische Unterstützung, Spenden)

  • Bis zur Bergung: Aufrechterhalten der Umgebungsparameter – feuchte Objekte feucht halten etc.
    • Vorbereitete Notfallboxen zum Einsatzort bringen
    • Unbeschädigte Objekte und stabile Umgebungsparameter: Objekte an ihrem Platz belassen
      sonst: in sichere Umgebung mit stabiler Atmosphäre umlagern
    • Beschädigte und unbeschädigte Objekte trennen
    • Organisation Transport zum Erstversorgungszentrum – ausreichende Sicherheit!
    • Provisorisches Standortverzeichnis für alle Bergungsobjekte erstellen
    • Regelmäßig auf biologischen Befall kontrollieren (Schimmel)! à ggf. Quarantäne für betroffene Objekte

  • Schadensbeurteilung
    • Objektanzahl und Ausmaß der Beschädigung der verschiedenen, betroffenen Materialgruppen einschätzen (für zügigen Arbeitsablauf!)
    • Bergung nach Prioritätenliste, Art und Grad der Schädigung einteilen

Hinweise zur Vergabe der Prioritäten

      • Prioritäten anhand Materialgruppen, nicht individuellen Objekten (Ausnahme: Top Ten Objekte)
      • Leihgaben beachten
      • Top Ten Objekte (die die Botschaft des Museums am ehesten transportieren)
      • Objekte, die einzigartig sind, viel präsentiert werden, wichtig für die Forschung sind, repräsentativ für eine Objektgruppe stehen, besonders wertvoll sind
      • Objekte, die am ehesten von Abbauprozessen, Oxidation, Korrosion bedroht sind, wenn sie nicht umgehend behandelt werden (Organika, Kompositobjekte)
      • Materialien, deren Bergung am erfolgversprechendsten erscheint
    • Abgleich mit Auflistung im Notfallplan
    • Abgleich des Inventars mit Laufzetteln
    • Dokumentation der Beschädigung

  • Generelle Tipps für historische Gebäude
    • Kontakt zu Bauingenieuren/Statikern, Baudenkmalpflegern, Restauratoren für Wand und Stein (Holz) und anderen Spezialisten
    • Kontakt zu Statikern vor Entfernung von Wasser aus Kellern und Zwischendecken à Kollaps des Gebäudes möglich
    • Wassergesättigte Isolierung, Hartfaserplatten, (nicht-historische!) Wandverkleidung entfernen
    • Wände und Putz sichern
    • Trocknung der Bausubstanz mit Hilfe von Ventilatoren beschleunigen